von Konferenzen
Der ehemalige Großwesir des Osmanischen Reichs Talaat Pascha, der Hauptverantwortliche für den Völkermord von 1915/16, wurde 1921 in Berlin von einem armenischen Studenten erschossen. Der Prozess gegen den Attentäter endete mit einem Freispruch. Das überraschende Urteil hatte indirekte und nachhaltige Auswirkungen auf das internationale Recht ­ bis zur Völkermordkonvention der Vereinten Nationen und dem Internationalen Strafgerichtshof.

Die Konferenz wendet sich sowohl an Wissenschaftler, insbesondere Völkerrechtler, Historiker und Politikwissenschaftler als auch an eine breitere Öffentlichkeit. Sie soll eine Entwicklungslinie nachzeichnen, die vom Freispruch für den armenischen Attentäter bis in die Gegenwart führt. Der Prozess erweckte damals international Aufsehen, das Urteil wurde als Sensation empfunden. In gewissem Sinn hatte der Prozess auch die Wirkungen eines Völkermord-Tribunals. Vor allem aber wurde er zu einem starken Impuls für die Entwicklung der Ideen des polnisch-jüdischen Juristen Raphael Lemkin, der maßgeblichen Einfluss auf die moderne Entwicklung des Völkerstrafrechts hatte und als »Vater der Völkermordkonvention« gilt. Neben der Reflexion über die historisch-systematischen Genese des Völkerrechtes und des internationalen Strafrechts, soll auch danach gefragt werden, welche Wirkungsmöglichkeiten, aber auch welche Wirkungsgrenzen die gegenwärtigen Institutionen der internationalen Strafgerichtsbarkeit haben, die Tribunale für das frühere Jugoslawien und für Ruanda und der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag.

Die Konferenz wurde in Kooperation mit dem Hamburger Institut für Sozialforschung und den Berliner Colloquien zur Zeitgeschichte durchgeführt und von der Landeszentrale für Politische Bildung Brandenburg gefördert.


Vom Völkermord-Tribunal wider Willen zum Internationalen Strafrecht am 02. Dezember 2011, Friedenssaal Potsdam
Morgenpodium
(Moderation: Roy Knocke)
 
Dr. Rolf Hosfeld (Lepsiushaus Potsdam)
 
Staatssouveränität, Völkermord und die Unantastbarkeit der Menschwürde. Facetten eines globalen Lernprozesses
Prof. Dr. Manfred Aschke (Universität Gießen)
 
Von Armenien zur einer internationalen Menschenrechtserklärung: André Nikolajewitsch Mandelstam und die Entwicklung menschenrechtlichen Völkerrechts zwischen den Weltkriegen
Dr. Rainer Huhle (Menschenrechtszentrum Nürnberg)
 
Nachmittagspodium
(Moderation: Prof. Dr. Manfred Aschke) 

Genese und Geltung der Menschenrechte seit 1945
Dr. Stefan-Ludwig Hoffmann (University of California Berkeley)

Die schwierige Ahndung ruandischer Völkermordverbrechen
Dr. Gerd Hankel (Hamburger Institut für Sozialforschung)

Podiumsdiskussion

Die Ahndung von Menschenrechtsverletzungen im Spannungsfeld von völkerrechtlichem Strafanspruch und politischem Opportunismus.
Diskussion mit Prof. Dr. Andreas Zimmermann (Universität Potsdam) und Wolfgang Kaleck (European Center for Constitutional and Human Rights); Moderation: Dr. Gerd Hankel